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Flux und Reflux: Die afrikanische Diaspora

Candido da Silva, nascido na Bahia, Nigeria, Anos 40Candido da Silva, in Bahia geboren, Nigeria, 40er Jahre

Bei seinen regelmäßigen Reisen zwischen Westafrika und Bahia war Verger immer wieder erstaunt von den ähnlichkeiten zwischen den Völkern beiderseits des Atlantiks. Verger entdeckte im Aussehen, in der Art zu sprechen, in den Gebräuchen den Beweis, wie unmittelbar die Geschichte beider Völker miteinander verflochtenen ist. Für dieses Anliegen konnte er sich so stark engagieren, dass er sogar eine wichtige Rolle bei der Erneuerung dieser Bande spielte. Hier und dort richtete er ein Museum ein, führte Personen herum, überbrachte Botschaften und forschte, um die Motive dieser ähnlichkeiten zu verstehen. Deswegen studierte er die historischen Grundlagen des Sklavenhandels und die Rückkehr vieler Betroffenen nach Afrika nach der Abschaffung der Sklaverei. Auf diese Weise entstand eines seiner Hauptwerke: Flux und Reflux des Sklavenhandels zwischen dem Golf von Benin und der Allerheiligenbucht vom 17. bis 19. Jahrhundert.

Diese Forschungen begannen 1949 in Ouidah, als Verger Zugang zu einer wichtigen Quelle über den heimlichen Sklavenhandel nach Bahia hatte: Die Geschäftsbriefe von Jose Francisco de Santos, geschrieben im 19. Jahrhundert, leiteten seine Forschungstätigkeit ein. Nach und nach entdeckte er, dass während der letzten Jahre des Handels, die Versklavten fast ausschließlich Yoruba waren, dass der Tabak als Tauschmittel diente und der primäre Grund für diesen abscheulichen Handel war: “Die Sklavenhändler in Bahia hatten ausgedehnte Beziehungen mit diesem Teil von Afrika. Es gab Jahre, in denen verkehrten etwa 100 Schiffe zwischen der Allerheiligenbucht und dem Hafen von Ouidah."

Diese Forschungsarbeit dauerte bis zur Drucklegung etwa 20 Jahre. Im Jahr 1966 wurde Flux und Reflux an der Sorbonne in Paris eingereicht, die Verger – einem Autodidakten, der zweimal wegen Fehlverhalten von der Schule verwiesen wurde und der seit seinem 17. Lebensjahr keine Schule mehr besucht hatte – den Titel eines Doktors für afrikanische Studien verlieh. Zwei Jahre später, 1968, wurde aus der Doktorarbeit ein Buch. Acht Jahre später, nämlich 1976, erschien die englische Ausgabe. Das brasilianische Publikum konnte das Buch erst 1987 kennen lernen, mehr als 20 Jahre nach seiner Fertigstellung, als der Verlag Corrupio eine Ausgabe in Portugiesisch publizierte.

Flux und Reflux war eine Wendemarke. Auf den 718 Seiten entfaltet sich eine sorgfältige Analyse der Sklaverei über ihre wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gesichtspunkte, die bis dahin im Dunkeln lagen. Verger scheute keine Anstrengung: Er befasste sich mit den wirtschaftlichen Beziehungen, behandelte die Revolten und Aufstände der Sklaven, die Art und Weise der Befreiung, die Lebensbedingungen, die Gesetzgebung, die Rückkehr nach Afrika, das Leben der Nachfahren der Brasilianer und andere Punkte. In Archiven von London, Lissabon, Paris, Haia, Bahia, Rio de Janeiro und Lagos übertrug er viele der maßgeblichen Dokumente wortwörtlich und schuf auf diese Weise seine ausgeprägteste geschichtswissenschaftliche Arbeit.

 

Ceremónia Nago, Ouidah, Benin, 1949Nago Zeremonie, Ouidah, Benin, 1949"Candomble Joaozinho da Gomea, Salvador, Brasil, 1946 Candomble Joaozinho da Gomea, Salvador, Brasilien, 1946Viele der Schwarzen schufen, wenn sie mit brasilianischen Bräuchen als Befreite nach Afrika zurückkehrten, eine Art Brasilien, genau so, wie sich hier eine Art Afrika bildete", sagte Verger, der es für wichtig ansah, die Bande zwischen diesen beiden brüderlich verbundenen Ethnien wieder zu beleben. Mit Flux und Reflux, verschiedenen Artikeln und anderen Initiativen versuchte er, für diese Annäherung zu wirken. Und, in der Tat, sein Werk förderte viele Fortschritte auf diesem Gebietund wird es auch in Zukunft tun, denn es bleibt eine der wichtigsten Informationsquellen für Brasilianer und Afrikaner, die mehr über ihre eigene Geschichte wissen wollen.